Aussendung vom 02.10.2025
Tulln, 2. Oktober 2025 – Weltweit werden jedes Jahr mehr als 100 Milliarden Kleidungsstücke produziert, doch nur rund ein Prozent davon wird tatsächlich wieder zu Textilien recycelt. Der große Rest landet auf Deponien oder wird verbrannt – mit enormen Auswirkungen auf Umwelt und Klima. Besonders schwierig ist die Wiederverwertung von Mischtextilien wie Baumwolle-Polyester-Gemischen, die sich bislang kaum voneinander trennen lassen. Am Josef Ressel Zentrum in Tulln arbeitet ein Team von Forscherinnen und Forschern daran, genau das zu ändern.
„Das Josef Ressel Zentrum für Verwertungsstrategien für Textilien setzt ein starkes Zeichen für den Forschungsstandort Niederösterreich. Das Projektteam rund um Christian Schimper leistet nicht nur Pionierarbeit im Bereich Textilrecycling, sondern trägt auch dazu bei, die Kreislaufwirtschaft in einer Schlüsselbranche als Kernsäule der Resilienzförderung voranzutreiben. Dass dies am Biotech Campus Tulln gelingt, zeigt, wie der Transfer wissenschaftlicher Ergebnisse in die Wirtschaft und Industrie erfolgreich umgesetzt werden kann. Wir freuen uns, diesen Weg gemeinsam mit der Christan Doppler Forschungsgesellschaft und unseren Wirtschafts- und Industriepartnern fortzusetzen“, betont Axel Schneeberger, Geschäftsführer der FH Wiener Neustadt.
Ansätze für eine nachhaltige Textilkreislaufwirtschaft
Seit der Eröffnung des von der Christian Doppler Gesellschaft geförderte Josef Ressel Zentrums werden Verfahren entwickelt, bei denen Polyester und Baumwolle mithilfe von Enzymen und grünen Lösungsmitteln voneinander getrennt werden können. Parallel dazu arbeiten die Forschenden am Circular Design, um Textilien von Beginn an so zu gestalten, dass sie einfacher recycelbar sind.
„Unser primäres Ziel ist es, die Prozesszeit – und damit auch die Kosten – des Verfahrens deutlich zu reduzieren. Hier sind wir gut unterwegs, haben aber noch einen Weg vor uns. Im Bereich Circular Design entwickeln wir zudem Lösungen, um Produkte wie Handtücher vollständig recycelbar zu machen, indem wir gezielt Materialkomponenten austauschen“, erklärt Christian Schimper, Leiter des Josef Ressel Zentrums.
Darüber hinaus wird am Aufbau von KI-gestützten Datenbanken gearbeitet, die die textile Zusammensetzung präzise erfassen und so die Sortierung von Altkleidern deutlich erleichtern. Lebenszyklusanalysen begleiten alle Schritte und stellen sicher, dass die neuen Methoden auch ökologisch sinnvoll sind.
Junge Wissenschaft im Einsatz
Im Rahmen von ReSTex entstehen auch zwei Dissertationen, die zentrale Themen des Textilrecyclings bearbeiten. Nika Depope, betreut an der TU Wien, widmet sich der Entwicklung eines grünen Lösungsmittels, das Polyester und Baumwolle effizient voneinander trennt – ein Verfahren, für das bereits ein Patent angemeldet wurde und das von Industriepartnern aufgegriffen wird. Am Biotech Campus Tulln wird Jeannie Egan im Rahmen ihres Doktorats am ABC&M-Kolleg der BOKU Tulln wissenschaftlich betreut. Dort erforscht sie, wie sich Baumwolle mit Hilfe von Enzymen von Polyester trennen lässt. Ihre Expertise auf diesem Gebiet präsentierte sie kürzlich bei einem Vortrag auf der Weltausstellung „EXPO“ in Japan.
Ergänzt werden diese Arbeiten durch bisher zehn Masterstudierende, die sich mit Themen wie Circular Design, Lebenszyklusanalysen, Spektroskopie, Machine Learning und Enzymtechnologie beschäftigen. Ihre Abschlussarbeiten wurden am Biotech Campus Tulln sowie am Campus Wieselburg in den Studiengängen „Biotechnology & Analytics“ und „Eco Design“ durchgeführt.
Ziel von ReSTex bleibt es, einen industriell anwendbaren und skalierbaren Recyclingprozess zu etablieren, der die schnelle Materialerkennung, automatisierte Sortierung und Nachhaltigkeitsbewertungen umfasst.
Die Industrie profitiert
Auch die Partnerunternehmen von ReSTex gewinnen durch die Forschung notwendiges Know-how für die Entwicklung kreislauffähiger Textilprodukte (Salesianer Miettex GmbH) und erhalten Impulse zur Verbesserung des thermomechanischen Recyclings von Polyesterfasern (Starlinger & Co GmbH sowie EREMA Engineering Recycling Maschinen und Anlagen GmbH). Gleichzeitig ist das Projekt am Technopol-Standort der ecoplus in Tulln eingebettet und damit in das Gesamtkonzept für nachwachsende Rohstoffe integriert.