FHWN untersucht unterschätzte Gefahr Delirium Wiener Neustadt, 12. April 2023 – „Im Delirium sein“ – die Redewendung hat vermutlich jede und jeder schon einmal verwendet. Oft, ohne den realen Hintergrund dieses Phänomens zu kennen. Demenz und Delir (so die korrekte deutsche Bezeichnung) sind die zwei häufigsten Ursachen für kognitive Einschränkungen bei älteren Menschen. Delir ist ein klinisches Syndrom, das mit Störungen der Aufmerksamkeit, des Bewusstseins und Problemen der geistiger Funktionsfähigkeit einhergeht. „Bei Delir handelt es sich um einen ernsten medizinischen Notfall, bei dem plötzlich eine Verwirrtheit auftritt. Unbehandelt kann es schwere Komplikationen mit sich bringen. Trotzdem wird es oft nicht behandelt, weil es erst gar nicht erkannt wird“, erklärt Verena Tatzer, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bachelor-Studiengang Ergotherapie an der FHWN. Delir: Weiter verbreitet, als man denkt Die Forschung in dem Bereich ist dringend benötigt, Vieles noch unbekannt. Viele Studien zeigen allerdings, dass Delir ein sehr häufiges Phänomen in der Intensivstation, aber auch insgesamt in Spitälern ist: Schätzungen gehen davon aus, dass etwa die Hälfte der Personen, die über 65 Jahre alt sind, im Spital delirant werden. „Es gibt zahlreiche einfache und kurze Screening-Instrumente um ein Delir zu erkennen, trotzdem bleibt es immer noch oft unerkannt. Die Folgen eines unerkannten Vorfalls können durchaus schwer wiegen, das Risiko für eine sich entwickelnde Demenz steigt ebenso deutlich an wie das Sterberisiko oder die Gefahr, dauerhaft im deliranten Zustand zu bleiben“, so FHWN-Mitarbeiterin Cornelia Strasser- Gugerell, die mit Verena Tatzer und einer italienischen Forschungsgruppe rund um Christian Pozzi einen Fachartikel zum Thema veröffentlicht hat. Neue Ansätze geben Hoffnung Am besten ist es, ein Delir zu verhindern bevor es entsteht. Das kann besonders für alte Menschen, die Operationen erhalten, lebenswichtig sein – in Akutspitälern mit geriatrischen Akutversorgungen gibt es spezielle Vorgehensweisen wie Screening von Delir und der Kognition, orientierungsfördernde Maßnahmen wie Einbezug der Angehörigen und Versorgung mit Hilfsmitteln wie Brille, Hörgerät und Zahnprothese. „Besonders die sogenannten nicht-medikamentösen Interventionen sind vielversprechend, es gibt gute Nachweise, dass Delir verhindert werden kann, wenn Maßnahmen ganz gezielt gesetzt werden: Mit sichtbaren Kalendern und Uhren, persönlichen Gegenständen, Aufklärung und Schulung der Angehörigen, wie sie mit ihren An-und -Zugehörigen nach einer Operation umgehen können, um rasch die Orientierung zu fördern und die Patient*innen rasch wieder in Aktivitäten zu involvieren. Das multiprofessionelle Team der Gesundheitsberufe ist hier gefragt“, erklärt Tatzer. Open Lecture: Delirium im Fokus In einer Open Lecture, zu der alle Interessierten herzlich eingeladen sind, beschäftigt sich der renommierte Experte Christian Pozzi am 19. April ab 17 Uhr mit dem Thema Delir und den Möglichkeiten, der Erkrankung mit Interventionen und Instrumenten der Ergotherapie entgegen zu wirken. Dabei wird der aktuelle Stand der Forschung ebenso Thema sein wie klinische Fallbeispiele und Einblicke in Prävention und Behandlung von Delir. Der Vortrag wird in englischer Sprache gehalten, die Teilnahme ist kostenlos. Die Anmeldung ist unter https://www.fhwn.ac.at/events/open-lecture-delirium möglich. Hard Facts: Open Lecture Delirium 19. April 2023, 17 Uhr Campus 1 der FHWN, Hörsaal 2 & online