FHWN-Studie: Bergauf sprintet es sich besser Wiener Neustadt, 25. April 2022 – Jeder Sportinteressierte hat es schon einmal im Fernsehen miterlebt, wie die Profis bei großen Rennen der Tour de France oder des Giro d´Italia steile Anstiege meistern oder bei Sprintrennen neue Höchstgeschwindigkeiten erreichen. Hinter diesen unfassbaren Leistungen steckt nicht nur jahrelanges Training, sondern auch pure Wissenschaft. Für den Rennerfolg bei Radrennen, aber auch im Trainingsprozess spielt die Kenntnis der eigenen Leistungsfähigkeit eine entscheidende Rolle. Daher ist es für den Sportler wichtig zu wissen, welche Leistung über einen gewissen Zeitraum bergauf oder in der Ebene erbracht werden kann. An der Fachhochschule Wiener Neustadt hat man sich daher den Einfluss der Geländeneigung im Radsport auf die Dauerleistungsgrenze, die sogenannte „Critical Power“, sowie die kurzzeitig verfügbare „anaerobe Leistungsfähigkeit“, angesehen. Belastungsdauer entscheidend Insgesamt 13 Ausdauersportler haben einen Radtest, bestehend aus drei Zeitfahrbelastungen zwischen einer und zehn Minuten, im Feld bei einer Steigung von etwa einem Prozent und noch einmal mit einer Steigung von etwa zehn Prozent durchgeführt. „Wir konnten zeigen, dass die Geländeneigung keinen systematischen Einfluss auf die Dauerleistungsgrenze hat, während die „anaerobe Leistungsfähigkeit“ bei einer Geländeneigung von etwa zehn Prozent systematisch erhöht war“, berichtet Forschungsleiter Alfred Nimmerichter. Die Leistungsfähigkeit scheint also über kurze Strecken (~1min) am Berg tatsächlich höher als in der Ebene zu sein. Bei längeren Belastungen zeigten sich unter den Studienteilnehmern große individuelle Unterschiede. „Über eine kurze Zeitspanne liegt dem menschlichen Körper die Steigung zur Leistungsmaximierung also besser. Bei längerer Dauer kristallisiert sich dann heraus, wer Spezialist für Flachstücke oder Anstiege ist“, erklärt Nimmerichter. Wertvolle Rückschlüsse für die Trainingsplanung Solcherlei Ergebnisse lassen aber nicht nur Schlussfolgerungen zum allgemeinen Leistungsvermögen zu, sondern erleichtern auch die Trainingsplanung. „Bisher vertraten viele Trainer die Meinung, dass die Leistungsfähigkeit bergauf (immer) höher ist als in der Ebene. Unsere Ergebnisse bestätigen das zwar, wenn wir über kürzere Zeiträume sprechen, über die Langdistanz ist das Bild komplexer und individuell unterschiedlich“, so Nimmerichter. In Trainingsphasen, in denen vermehrt in der Ebene oder am Berg trainiert wird, sollte die Leistungsfähigkeit spezifisch bestimmt werden – nur dann kann garantiert werden, dass die Sportlerinnen und Sportler auch in den richtigen Trainingsbereichen trainieren, und dass Wettkampfvorgaben eingehalten werden können. Die Erkenntnisse können von Sportlerinnen und Sportlern in die gezielte Vorbereitung für ein Rennen integriert werden – wenn es beispielsweise darum geht, in einer bestimmten Rennphase eine kurze Steigung kräfteschonend zu meistern und dabei im Idealfall sogar Vorsprung gegenüber anderen herauszufahren. Veröffentlicht wurde die Studie bereits im renommierten Magazin „International Journal of Sports Medicine“.