Duftmarketing: Der richtige Riecher im Onlinehandel Wiener Neustadt, 11. Februar 2021 – Wussten Sie, dass bei Bäckereien Ofenrohre oft absichtlich so verbaut werden, dass der Duft der frisch gebackenen Brote auf der Straße zu riechen ist? Damit werden Kund*innen in den Laden gelockt, denn wenn wir frisch gebackenes Brot riechen, bekommen wir auch Appetit darauf. Mit solchen Tricks versuchen Händler*innen seit jeher, ihre Produkte zu verkaufen. Und das mit großem Erfolg. Doch wie wird diese Methode in Zukunft aussehen, wo doch viele Produkte nur mehr über das Internet bestellt werden? Aroma ist entscheidend Duftmarketing wurde in den letzten Jahren ein immer wichtigerer Bereich der Industrie. Im Einzelhandel setzt man auf Aromastoffe, um Produkte reizvoller zu machen. So steigern etwa Supermärkte ihren Umsatz. In Kombination mit Musik werden so mehrere Sinne der Konsument*innen gleichzeitig angesprochen, diese fühlen sich eher zu einem bestimmten Produkt hingezogen. Hannes Formanek, Absolvent des Campus Wieselburg der Fachhochschule Wiener Neustadt, lernte während seines E-Commerce-Studiums, welche wichtige Rolle Düfte also im Handel spielen und fragte sich, warum diese Marketingmethode nicht auch im Onlinehandel eingesetzt wird. In seiner Masterarbeit „Emotionalisierung durch olfaktorische Anreize im B2C Paketversand“ betrachtete er das Thema genauer und machte ein Experiment: Er verschickte Pakete mit unterschiedlichen Duftnoten an 30 Testpersonen. Das Ergebnis: Pakete mit Aroma erzeugten bei den Empfänger*innen stärkere Emotionen als duftlose Pakete. Manche waren erfreut, andere überrascht, neugierig oder zufrieden. „Es kommt aber ganz stark auf das Aroma selbst an“, erklärt Hannes Formanek, „wir können nicht vorhersagen, welche Emotion bei welcher Person ausgelöst wird. Da sind auch die Geschmäcker zu verschieden.“ Individuelle Geschichte als Herausforderung Emotionen, die durch Aromastoffe ausgelöst werden, sind aber vor allem erlernte Emotionen. Das heißt, die eigene Lebenserfahrung gibt die Reaktion vor. Es spielt also eine große Rolle, ob die Empfängerin oder der Empfänger eine positive Erinnerung an den Geruch hat, oder eine negative. Formanek kommt zu dem Ergebnis, dass es für Onlinehändler*innen schwer sein dürfte, einen Markenduft zu etablieren. Einerseits weil nicht alle Menschen gleich auf Düfte reagieren. Andererseits weil sich der Duft in der Zeit der Lieferung nicht verändern darf. „Außerdem ist wohl eine bestimmte Regelmäßigkeit und Auffälligkeit, wie zum Beispiel die Farbe des Kartons, notwendig, damit das menschliche Gehirn einen Zusammenhang zwischen Geruch und Onlineshop herstellen und verankern kann“, sagt Formanek. „Der Rahmen macht‘s!“ Die größte Chance für Düfte sieht er im sogenannten Framing. Hier wird - vereinfacht ausgedrückt - ein Rahmen um das Produkt gebaut. Das gleiche Produkt löst durch verschiedene solcher Rahmen unterschiedliche Emotionen bei den Käufer*innen aus. Unterschiedliche Düfte können also dafür sorgen, dass sich ein Produkt besser oder schlechter verkauft. Die Duftnote darf dabei allerdings nicht zu intensiv sein, wie Formanek herausfand. Der Geruch wird sonst als störend wahrgenommen. Und natürlich muss der Duft auch zum Produkt passen und für die Konsument*innen erwartbar sein. „Ein Brot zu verkaufen und dabei einen Zitrusduft etablieren zu wollen, wäre eher kontraproduktiv“, scherzt Formanek. Forschungsdesign In seiner Arbeit führte Formanek eine Untersuchung mithilfe von computerunterstützter Textanalyse bei 30 Proband*innen durch. Diese mussten einen Versuchsaufbau durchlaufen, der von einem Fragebogen begleitet wurde. Alle Versuchspersonen bekamen vier Pakete zugesandt. Enthalten waren jeweils ein Duftträger und ein kleines Geschenk. Die Pakete enthielten folgende Aromastoffe: Paket 1: Zitrusaroma (Orange), Paket 2: Vanillearoma, Paket 3: Ohne Aroma (Vergleichspaket) und Paket 4: Komplexes Aroma (Parfüm „La vie est belle“ von Lancôme). An dem Versuch nahmen jeweils 15 Frauen und Männer aus folgenden Altersgruppen teil: 20-29 Jahre: 16 Personen (53,33 %) 30-39 Jahre: 11 Personen (36,67 %) 40-49 Jahre: 0 Personen (0%) 50-59 Jahre: 3 Personen (10 %) Unbewusste Reize Ein interessantes Detail konnte Formanek seiner Studie noch entnehmen: Die Versuchspersonen empfanden den Geruch der Pakete als einen der unwichtigsten Faktoren. Dennoch konnten sich 63 Prozent von ihnen daran erinnern, schon einmal ein Paket mit einem unangenehmen Geruch bekommen zu haben. Und die Hälfte davon wusste auch noch ganz genau, welches Produkt sich darin befand. Die Nase scheint also bei der Bewertung von Produkten eine größere Rolle zu spielen, als uns bewusst ist.